Seit Wochen beschäftigt die Medien nur noch ein Thema: Corona. Seit sich dieses Virus auf den Weg um die Welt gemacht hat, ist nichts mehr so, wie es mal war. Die Schulen sind zu, Ausgangsbeschränkungen quasi auf der ganzen Welt, unsere Gesellschaften an der Belastungsgrenze, Rekordverschuldung und das Klopapier oft ausverkauft. Das Internet wird zur Aorta in die Außenwelt und das traute Zuhause entweder zum Stresstest für Familien oder zum Hort der Einsamkeit. Alles ist anders als sonst. Auch das noch: Soziologen, Ökonomen, Historiker, Futurologen, auch die Philosophie, alle sind sich einig: Es wird nichts mehr so sein, wie es mal war!
Die Spezialisten aus dem Zukunftsinstitut veröffentlichten deshalb vor einigen Tagen vier Szenarien, wie die Welt nach der Pandemie aussehen könnte. Darin verorten sie ihre ausgearbeiteten Varianten in einem Quadranten, der sich aus den beiden Achsen gobal (connected) – lokal (disconnected) sowie optimistisch – pessimistisch ergibt:
Quelle: https://www.zukunftsinstitut.de/artikel/der-corona-effekt-4-zukunftsszenarien
Interessant, nur – was heißt das jetzt für mich? Nach wie vor weiß ich nicht, was ich mit all dem Klopapier anfangen soll, das sich nun im Keller stapelt. Beim Homeschooling nerven die Kinder noch immer und langsam aber sicher kann ich auch keine Nudeln mehr sehen. Und was passiert, wenn trotz einer optimistischen Aussicht unsere Wirtschaft den Bach runter geht? Kann ich dann mein Haus noch abbezahlen? Stehe ich dann vor dem Nichts!? Plötzlich ist aus der anfänglich latenten Angst eine reale geworden. Ich suche nach Orientierung. Umso schöner, wenn diese Aufgabe Experten für mich übernehmen. Ich wasche inzwischen meine Hände (jetzt hätte ich fast geschrieben in Unschuld – zum Glück habe ich das nicht gemacht), aber auf jeden Fall mit Seife und summe zweimal „Happy Birthday“ dazu.
Ein kleines mentales Experiment
Nicht genug? Nicht überzeugt? Dann lade ich dich zu einem kleinen Experiment ein, das du für dich selbst ausprobieren kannst, wenn du magst. Plane ab jetzt noch ca. 20 Minuten ein. Falls du keine Zeit oder Lust auf diese Übung hast, kannst du auch einfach weiterlesen oder zu Netflix wechseln. Wie du magst.
Für die Experimentierfreudigen: Kopiere bitte den nachfolgenden Link zu den vier Beispielen des Zukunftsinstituts, öffne ihn in einem neuen Tab, lies die vier Cases aufmerksam durch, dann machen wir hier weiter. Bis gleich!
https://www.zukunftsinstitut.de/artikel/der-corona-effekt-4-zukunftsszenarien
Willkommen zurück!
Die beiden Gegensatzpaare global (connected) – lokal (disconnected) sowie optimistisch – pessimistisch eröffneten den Forschern einen Gedankenraum, innerhalb dessen die Szenarien eingeordnet wurden. Die Beschreibungen sind als Behauptungen formuliert, die unsere bisherigen Lebenswelten kontrastieren. Ok soweit? Gut!
Um das Ganze jetzt zusätzlich zur Sachinformation noch etwas klarer zu bekommen, schlage ich dir eine kurze Achtsamkeitsaufgabe vor:
- Wovon in diesen Szenarien fühlst du dich angezogen?
- Vielleicht ist es eines der gegebenen Beispiele in Gänze? Welches?
- Vielleicht aber auch eine Mischung aus verschiedenen Varianten? Was genau würdest du gerne miteinander kombinieren?
- Und welche Aspekte lehnst du ab?
Aber nun zur Aufgabe, für die du neben der Szenarios noch etwas zu schreiben und ein paar Minuten Ruhe brauchst:
Nimm dir jetzt bitte die Cases nochmals zur Hand, lies nur die Überschriften und die fett gedruckten Absätze darunter. Den Rest kannst du weglassen. Schließe bitte unmittelbar nach der Lektüre eines jeden Falls die Augen. Höre dann genau in dich hinein und notiere, was in dir hochkam. Szenario für Szenario. Das können Bilder sein, Gerüche, körperliche Reaktionen wie Gänsehaut, ein Ziehen im Nacken, Enge, ein Wärmegefühl, was auch immer. Nimm bitte jedes kleine Signal wahr, das dir dein Körper schickt und notiere es bitte sofort auf. Viel Freude damit und bis gleich!
Zum zweiten Mal: Willkommen zurück!
Sehr schön! Was ist bei welchen Szenarien passiert? Überfliege nochmal deine Notizen. Bei welchem zeigten sich positive Reaktionen und bei welchen andere? Betrachte die positiven noch etwas genauer und mach ein Ranking der Empfindungen. Was war am schönsten und weswegen; was am zweitschönsten … , und so weiter? Wenn du damit fertig bist, lies dir die Rangliste der Utopien noch mal durch. Fertig? Dann schließe bitte noch einmal die Augen und beobachte, was das in dir für Reaktionen hervorruft. Gut? Gut!
Was kann wachsen?
Negative Aussichten und auch positive haben unmittelbare Auswirkungen auf dich und dein jetziges Dasein. Ein Blick auf deine Notizen ist Beweis genug. Mit jedem Augenblick stellst du einen Wegweiser für den nächsten Gedanken auf… wieder und wieder und wieder. Und alles passiert nur in deiner Phantasie! Auch die Szenarien dieses Experiments sind aktuell nicht real, denn schließlich sitzt du jetzt vor deinem Computer, Handy oder Tablet, bist fit, hast Zeit, ein Dach über dem Kopf und Internet, um all das hier zu lesen. Und dennoch regt sich in dir etwas, was in den Cases anziehend oder abstoßend auf dich wirkt. Also: Wem oder was bietest du Raum zum Wachsen angesichts einer herausfordernden Situation? Dem Wunsch oder der Angst? Je länger du dich nämlich mit der Angst beschäftigst, desto größer wird sie. Das Ist beim Wunsch genauso, nur dass er dir gute Gefühle bringt und eine Orientierung in Richtung Lösung einer Herausforderung. Woher kommen diese Gefühle beim mentalen Eintauchen eine Zukunft, die es (noch) gar nicht gibt?
Her- und Zukünfte
Der Schlüssel dafür liegt in der Vergangenheit. Ich zum Beispiel messe bestimmten Aspekten einen hohen Wert bei – du aber ganz anderen. Dieser Unterschied ist völlig normal. Schließlich haben andere Menschen andere Erfahrungen gesammelt und lesen ihre Umgebung ganz anders. Man könnte also sagen: Es gibt keine Herkunft, sondern nur individuelle Herkünfte. Damit geben mir ganz andere Dinge Energie im Vergleich zu dir. Für unser beider Weiterentwicklung hat das natürlich große Auswirkungen. Es entspricht einem harmonischen Naturgesetz, wenn sich jedes Lebewesen im Rahmen seiner eigenen Energie in seinem Tempo und auf seine Weise weiterentwickeln kann. Schlussendlich wird es dadurch stärker. Alles andere schwächt es und macht es auf Dauer kaputt.
Wenn sich nun meine Vergangenheit von der der anderen so manifest unterscheidet, warum erwarten wir dann die eine Zukunft? Warum begreifen wir Fortschritt nicht als individuell und sprechen folgerichtig von Zukünften? Zukünften, die Herkünfte anerkennen, wertschätzen und weiterentwickeln – sowohl die eigene Herkunft wie die der anderen. Mit dieser Individualisierung, die das Zukunftsinstitut als Megatrend ausgemacht hat, wird klarer und klarer: Du kannst deinen persönlichen Fortschritt nicht abdelegieren, genauso wenig, wie du deine Vergangenheit ungeschehen machen oder verleugnen kannst. Sobald du das tust, wirst du durch andere entwickelt oder beginnst mit der Selbstzerstörung.
Future your mindset
Was du stattdessen tun kannst: Du kannst dir in diesen Tagen zuhause deine eigene Utopie schaffen, mentale Wegweiser aufstellen und dein Handeln schon jetzt danach ausrichten. Angesichts der bevorstehenden Herausforderungen kann das hohe Kraftanstrengungen bedeuten. Vielleicht hast du Lust, die vier Szenarien als Impuls zu verstehen und daraus dein eigenes Zukunftsbild zu bauen? Vielleicht möchtest du dich fragen, was dein Bild für dich so bedeutsam und wertvoll macht – und warum? Vielleicht schreibst du es auf, vielleicht malst du es, vielleicht bastelst du dir ein Visionboard, vielleicht sprichst du es dir als Notiz in dein Handy. Du wirst deinen Weg finden. Auf jeden Fall machst du dir damit ein wunderbares Geschenk in besonderen Zeiten: Orientierung für deine Zukunft – denn die Zukunft gibt es nicht, oder?
Pass gut auf dich auf, bleib gesund und future your mindset!
Dein Matthias